Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele 2024
Heute geht es natürlich um die Olympischen Spiele in Paris und der gigantischen Eröffnungsfeier auf der Seine. Ich war dabei! Allerdings sass ich nicht neben Emmanuel Macron, sondern hatte nur einen Stehplatz mit „beschränkter Sicht“ in einer Fanzone…
Vor einem Jahr hieß es, die 6 km lange Parade-Strecke auf der Seine sei für alle öffentlich zugänglich und kostenlos, ähnlich wie ein Volksfest oder Party für eine Millionen Menschen. Tolle Idee, die aber dann wohl aus Sicherheitsgründen nicht realisierbar war. Also beschränkte man sich auf 300 000 zahlende Besucher. (zwischen 90 und 2700€). Das war nicht fair, ich wartete also geduldig ab. Vor 14 Tagen bekam ich die Bestätigung: kostenloser Stehplatz – Fanmeile Quais Hauts – gegenüber der Ile St Louis. Der QR code für den Eintritt sollte folgen. Ich fuhr also nach Paris…
Donnerstag 25. Juli 2024
Schon bei meiner Ankunft in Paris am letzten Donnerstag fiel mir auf: in der Metro – alles sauber! Rosa Wegweiser weisen die Richtung zu den olympischen Stätten, Wer sich trotzdem verläuft, dem steht das freundliche Personal der RATP zur Seite. Ein Gefühl der Sicherheit verbreitet allgegenwärtiges Militär mit Maschinengewehren.
In der Rue Poncelet ist jedoch alles beim alten: gemütlich, einladend, normal, wie immer. Nur der Oleander im Hof trägt auch rosa – passend zu den Wegweisern in der Stadt.
Am späten Nachmittag erkundige ich auf meinen besten Laufschuhen die Avenue des Champs Elysée. Ich wollte unbedingt zum Place de la Concorde um mir den extra für die Olympischen Spiele angefertigten Gobelin aus der Gobelin-Manufaktur anzuschauen. Der olympische Wandteppich (9,5m x 3,5m) hängt seit Ende Juni an der Fassade des Hôtel de la Marine. Ein handgeknüpftes Meisterwerk des französischen Know-how! Leider war der Place de la Concorde völlig abgesperrt und unüberschaubar wegen der hohen Zuschauertribünen für die Urban Park Wettkämpfe . Schade, aber ich hätte einen langen Umweg in Kauf nehmen müssen.
So blieb mir der Rückzug über die avenue des Champs Elysées: Der untere Teil ist zur Fussgängerzone geworden, auch sonst gibt es erfreulicherweise wenig Verkehr, aber viele Taxis, noch mehr Fahrräder und jede Menge Touristen: Jung, alt, sportlich oder auch nicht, aber alle mit dem gleichen Gesichtsausdruck: offen, kontaktfreudig und glücklich in Paris zu sein. die ganze Welt trifft sich hier. Aufregend sind allerdings die vielen weißen Mäuse, die mit Blaulicht schwarzen Wagenkolonnen den Weg freimachen. Sicher kein Zufall, denn für die Eröffnungszeremonie erwartet Paris mehr als einhundert Staatsoberhäupter. Erstaunt hat mich, dass die sonst überquellenden Restaurants halb leer waren, Absperrungen, Umleitungen und sonstige Sicherheitsvorkehrungen waren sicher Schuld daran. Das ändert sich sicher nach der Eröffnungszeremonie.
Freitag 26. Juli 2024
Mittagessen mit Nachbar Michel im Restaurant l’Atelier du Marché (mein Lieblingsessen dort – wie immer – gegrillter Markknochen!) dazu mehrere Gläser Rosé (wir beherzigen das Motto unseres Weinhändlers NYSA: „Springen Sie lieber nicht in die Seine, sondern trinken Sie ein gutes Glas Rosé“).
16 Uhr
Los gehts zur Fanmeile. Mein kleiner Rucksack enthält Essbares, Wasser, Regencape und Polarjacke, einen Knirps und eine Schaumstoffauflage zum sitzen (Regenschirm und Campingstühle sind verboten). Erste Überraschung: Fast alle Strassen ausser der Rue Poncelet werden gerade von der Polizei abgeriegelt. Chaotische Zustände für Autofahrer! Soll ich 6 km zu Fuß zur Bastille laufen, oder doch lieber mit der Metro fahren? ich entscheide mich für die Metro. Großartig, sie ist halbleer!
17 Uhr
Am Place de la Bastille folge ich den rosa Wegweisern und all denen, die offensichtlich das gleiche Ziel haben, kein Auto weit und breit, außer Kolonnen von Polizeiwagen. Kurz vor der Seine Pass- und QR Code Kontrolle, Körperkontrolle, und die Bitte, ich möge doch ein Schlückchen aus meiner Thermosflasche trinken!!! (Alkohol ist verboten, aber es hätte ja auch Benzin darin sein können!). Endlich, da ist sie, die Fanmeile. Ich bin nicht allein, finde aber ein kleines Plätzchen am Wasser zwischen einer französischen Familie, die sich die Zeit mit Kartenspielen vertreibt und drei asiatischen Schönen. Rechts einer der Riesenbildschirme. Da sitze ich nun auf meinem Schaumstoffpolster. Noch zwei Stunden bis zur Eröffnung. Langweilig. Das kann’s nicht sein. Mühselig stehe ich vom Boden auf (das Alter macht sich bemerkbar!) und gehe mal auf Erkundungspfad.
Zweite Überraschung:
Eine nette ehrenamtliche Olympia-Aufpasserin klärt mich auf: die Boote mit den Delegationen kommen auf dieser Seite der Seine gar nicht vorbei! Bleibt nur der grosse Bildschirm. Mein Entschluss ist schnell gefasst: raus hier! Lieber Public Viewing im Café Ponce bei einem Glas Wein, als weitere 5 Stunden auf dem harten Pflaster. Doch es kommt bekanntlich anders als man denkt! Ich schlendere durch das autofreie Marais bis zum Hotel de Ville / Rathaus, das ebenso verbarrikadiert ist. Gegenüber vor dem Kaufhaus BHV plötzlich die brillante Idee: – hier muss doch eine Dachterrasse sein!
Dritte Überraschung:
Richtig getippt! Mit freiem Blick auf die Seine von der Bar im 7. Stock. Tolles Ambiente auf der Terrasse mit netten Leuten, und großer Jubel als die ersten Boote vorbeifahren. Vor mir die Seine, rechts das Hötel de Ville und in der Ferne der Eiffelturm. Ich war begeistert.
20 Uhr
On the Road again…zu Fuss im Regen. Ich bin nicht allein, wieder sind viele Menschen unterwegs. Aber meine Pariser Freunde sind geflüchtet, genervt von den strengen Sicherheitsmaßnahmen der letzten Tage und Wochen. Ich spiele tatsächlich mit dem Gedanken, die Show im Café Ponce zu Ende zu schauen. Doch nach 5 Stunden unterwegs, ist auch die unterste Schicht meiner Kleidung feucht! Wohl dem, der eine Wohnung in Paris hat, und gemütlich im Trockenen diesen ganz besonderen Abend auf dem Sofa vor dem Bildschirm ausklingen lassen kann.
Ein letztes Wort zur 48. (inoffiziellen) olympischen Disziplin – Les Jeux de l’amour!
Die spielen sich sicher eher hinter verschlossenen Türen ab! Dazu wurde das elsässische Unternehmen Phicogis Europe vom olympischen Committee mit der Herstellung von 242 000 Präservativen aller Art beauftragt…15 000 Sportler und Athleten erhielten je ein Kit Ich wage nicht nachzurechnen! Ca laisse réveur….
Am nächsten Tag übergebe ich die Wohnung an meine Gäste, die täglich (heute ist schon Mittwoch) begeistert von den Spielen berichten und nebenbei Paris in all seiner Pracht entdecken und genießen.